Ein geographischer Reise-Blog
Ich begrüße Sie/Euch auf meiner Web-Seite zu den Eigenheiten und Schönheiten des Norden Argentiniens
Als Geograph reise ich schon seit vielen Jahren in Argentinien umher. In den vergangenen Jahren habe ich mich stark auf die unbekannteren Provinzen im Nordwesten vor den Anden konzentriert. Darüber und über die vielen Eigenheiten des Landes möchte ich berichten.
Impressionen faszinierender Landschaften:
Nach Nordwesten:
In der ersten Woche habe ich mich auf ca. 900 m etwas an die Höhe gewöhnt und bei meinen Gastgebern etwas die Elektrik erneuert. Jetzt geht es von Traslasierra im Westen der Provinz Cordoba zu den richtig hohen Bergen vor den Anden und in die Cordillera selbst.
Der Versuch, an einem Automaten in Villa Dolores an Bargeld zu kommen, war wie üblich kompliziert. Die Grenze für das Abheben liegt pro Tag und Karte bei ca. 100 Euro (5000 Peso). Während man die 2017 aber noch in einer Summe bekam, muss man jetzt 3000 und 2000 getrennt ziehen. Für jede Buchung werden ca. 250 Pesos (ca. 5 Euro) Bankspesen abgebucht, das erhöht die Zusatzkosten! Dazu kommt, dass vor den zu wenigen oder defekten Bankautomaten Schlangen stehen oder dass die Maschine gerade dann leer ist, wenn man die Spitze der Schlange erreicht hat.
Kreditkarten werden von sehr vielen Tankstellen, Hotels und Restaurants nicht angenommen, die schwierige Versorgung mit Bargeld hält auf. Eigentlich ist das Reisen ohne meine Freunde außerhalb der großen Städte recht kompliziert. Wer Begleitung haben möchte, kann diese unter Reiseleiter.com.ar buchen.
Gestern ging es weiter zum ersten Höhepunkt der Reise: Laguna Brava auf ca. 4300 m Höhe in der zentralen Kordillere der Anden. Vom letzten Ort Vinchina sind es noch 150 km stetig bergauf. Man muss einen örtlichen Reiseleiter mit ins Auto nehmen, die Besucher haben wohl in früheren Jahren zu viel Unsinn in der empfindlichen Bergwelt angestellt. Es beginnt mit der Durchquerung der Vorkordillere in einem sehr engen Flusstal danach folgt eine riesige schiefe Schotterebene, die dann am Fuß der Berge in 3000 m wieder auf ein Tal zu führt. Diese Berge sind viel weniger schroff als erwartet sondern eher glatt und mit einer sandigen Oberfläche.
All diese Berge sind sehr bunt mit abwechselnden Farben wegen der unterschiedlichen Mineralien, die im Gestein enthalten sind. Besonders beeindruckend sind die verschiedenen Grüntöne! Am Ende der Fahrt erreicht man dann die Hochebene mit dem Salzsee Laguna Brava und den schneebedeckten Bergen im Hintergrund.
Bunte Berge in Rottönen
Es gibt nur wenige belastbare Angaben z.B. zu den Höhen oder zur Entstehungsgeschichte der Täler, die die Zufahrt dorthin ermöglichen. Da muss ich noch weiter suchen.
Seit der Abfahrt in Traslasierra habe ich neue Erkenntnisse zu den alltäglichen Reiseproblemen gewinnen können: Während die Bargeldversorgung nicht billiger wird, sind die Geldautomaten in den Andenprovinzen besser gewartet, selbst in kleineren Orten sind sie gut und ohne größere Wartezeiten benutzbar. Auch die in Cordoba extrem lästigen dauernden Polizeikontrollen (teilweise alle 20 km) sind in San Juan und La Rioja unbekannt. Hier wird nur wie in ganz Argentinien an der Provinzgrenze kontrolliert. Auch an den Zufahrten zu den Oasenorten steht die Lebensmittelkontrolle und überprüft, ob man kein verbotenes Obst (wegen des möglichen Schädlingsbefalls), v.a. Äpfel im Auto mitbringt.
Die beiden letzten Tage in Fiambala in der Provinz Catamarca waren ohne brauchbare Internet-Verbindung, Bilder kann ich ohnehin von hier nicht hochladen. Fiambala ist der Ausgangspunkt für den Pass San Francisco zum Übergang nach Chile in ca. 4750 m über NN. Die Länge der Strecke bis zur Passhöhe sind 200 km, für die man im günstigsten Fall 3 h braucht. Die Strecke ist sehr schön, im unteren und oberen Teil geht es über die schon bekannten Schotterflächen bergauf. Der mittlere Abschnitt führt durch eine sehr rote Talenge ohne enge Kurven.
Der obere Teil ist viel stärker bewachsen auf den sanften Hängen. Überall sind kleine Herden von Guanakos, vor allem aber Vicuñas zu sehen. Ab 3500 m tauchen dann die Erhebungen der Zentral-Anden mit Höhen über 6000 m auf. Auf 4000 m liegt die argentinische Grenzkontrolle, da muss man seine Papiere vorzeigen, auch wenn man nur auf den Pass möchte. Wir sind dann noch ein Stück nach Chile hinein zum Bergsee Laguna Verde.
Während der Pass auf der argentinischen Seite seit etwa 15 Jahren fertig asphaltiert ist, erreichen die Chilenen gerade die Höhe. Die letzten 15 km sind noch Schotter und Baustraße, sollen aber noch vor dem Winter befahrbar sein: Sie arbeiten auch Samstags und ohne Siesta!
Heute ging es dann eher gemütlich zurück nach Süden bis Guandacol ins Hostal San Bernardo. Der Freitag hatte auf dem Weg von Vinchina über Chilecito und Famatina nach Fiambala einige typisch argentinische Überraschungen, die mal mehr, mal weniger Zeit kosteten:
Noch in Vinchina hatten die örtlichen Lehrer, die seit Wochen streiken eine Straßensperre, ein ‚Piquete‘ eingerichtet. Sie halten den Verkehr auf, die Polizei steht daneben und passt auf, dass niemand die Sperre durchbricht. Nach einiger Zeit lässt man den Stau abfließen und macht wieder zu. Das selbe Bild an einem wichtigen Strassendreick nördlich von Chilecito. Die Streikenden nehmen natürlich immer Stellen, die man nicht umgehen kann. Je nach Radikalität dauern die Sperrungen auch länger. Niemand (außer mir!) regt sich auf, es gibt gern auch Applaus bei der Vorbeifahrt.
Später nahmen wir eine als Abkürzung eine wenig befahrene Erdstraße von La Rioja nach Catamarca, in den Büschen an der Provinzgrenze wartete eine größere Polizei-Einheit auf Autofahrer. Die Kontrolle verlief wie eigentlich immer sehr entspannt und man wird sich noch lange an die älteren Ausländer auf dem Feldweg erinnern.
Hinter Guandacol geht es wieder auf der Ruta 40 nach Süden.
Die Senken heißen ‚Baden‘ und wenn man das (alte) Schild mit dem Begriff unvorbereitet sieht staunt man erst einmal. Heute sind es meist Symbole, aber auf der 40 steht der Hinweis, dass die Zona de Badenes 60 km lang ist. Versteckt in den Bergen liegt eine sehr große Goldmine schon in der Provinz San Juan.
San Juan durchfahren wir dann auch fast ganz von Nord nach Süd immer so nahe an den Bergen wie es mit einem PKW möglich ist. Von Jáchal geht es durch eine Schlucht zum Stausee Cuesta de Viento mit seinen Windsurfern. Die direkte Strecke zum Tagesziel Barreal würde 80 km über Staubstraßen führen und bliebe auf derselben Schotterebene. Wir nehmen einen ziemlichen Umweg über zwei Pässe und eine weitere Schlucht. In der wird gerade die Straße neu gebaut. 2017 waren wir schon in den 1. Bauabschnitt geraten und mussten 15 km auf einer Baustraße durchs Flussbett, diesmal ist der obere Teil dran, mit denselben Problemen. Es hat sich aber wohl auch bei den Touristen herumgesprochen, diesmal sind keine Fahrradfahrer in den Staubwolken der LKW.
Barreal und Calingasta bilden eine Oase auf ca. 1500 m, hier werden v.a. Nüsse geerntet und andere Landwirtschaft betrieben. Südlich davon ist auf einer riesigen Sandfläche ein Revier für Strandsegler.
Da die Straße nach Mendoza noch immer auf den Teer wartet, fahren wir wieder durch die Baustelle in die Stadt San Juan. Weil sie 1944 durch ein Erdbeben zerstört wurde, hat sie fast keine alten Gebäude. Das macht sie aber v.a. in den letzten Jahren durch tolle neue Kulturbauten wie einen Konzertsaal und ein Theater wett. In der Provinz werden alle landwirtschaftlichen Produkte erzeugt, Fisch kommt aus dem nahen Pazifik. Das wirkt sich auf die Qualität der Restaurants aus: Wir haben sehr gut gegessen.
Der letzte Teil dieser Fahrt geht dann an Weinfeldern in San Juan über den Norden von San Luis durch die Dornbuschsavanne des Chaco Seco wieder in den Traslasierra-Teil von Cordoba. Da es die Mittagszeit ist, fallen die Kontrollen an den Provinzgrenzen kurz oder ganz aus.
Berge ohne Namen
Die Fahrt durch diesen kleinen Ausschnitt nur des Nordwestens von Argentinien zeigte wieder die Dimensionen des Landes. Es fasziniert durch die Weite der Landschaft mit ihren Hochflächen, die immer wieder von Bergketten (Sierren) gegliedert werden. Die einzelnen Gipfel haben keine Namen, es ist einfach niemand da, der ihnen einen geben würde. Es wäre wohl auch sinnlos, keiner will da rauf. Das sieht in den Hochanden etwas anders aus, aber auch deren Gipfel in der Provinz Catamarca haben keine Ähnlichkeit mit den schroffen Spitzen in den Alpen oder in Asien. Alles ist rundlich, die Berge ertrinken in ihrem eigenen Schutt. Wenn sie nicht so hoch lägen würde man gerne auf den gut sichtbaren Pfaden der Vicunas wandern.
Die schrägen Schotterflächen zwischen den Sierren erstrecken sich tlw. über mehrere 100 km, sind aber nicht zusammenhängend durch Straßen erschlossen. Die Fläche von der Laguna Brava in Catamarca zieht sich durch ganz San Juan über 300 km bis Bermejo an der Grenze zu San Luis. Das Straßennetz der Gegend nutzt das aber aus wohl historischen Gründen nicht. Mal sehen, ob es dazu noch Informationen gibt.
Zickenalarm auf der Pampa?
Nach zwei Ruhetagen bei den Gastgebern ging es gestern wieder auf eine Fahrt nach Norden, an Cura Brochero (die Stadt des ersten argentinischen Heiligen) vorbei auf die Pampa de Pocho. Das ist eine in ca. 1000 m Höhe gelegene Ebene mit landwirtschaftlicher Nutzung, die auch noch von einem Palmengürtel durchzogen wird. Jetzt blühten am Straßenrand auch noch Tausende von Cosmeen, nach den steinigen Anden und ihren Vorbergen eine schöne Ansicht.
In Taninga biegt man nach Westen auf die ruta 28 ab, die Straße ist nagelneu geteert bis zu den Tunneln. Die 5 Tunnel stammen aus den 30er Jahren und gehören zur alten N20, die Cordoba mit San Juan verband. Später wurde sie dann nach Süden auf die besser befahrbaren Pässe der Sierra de Comechigones und das Valle de Traslasierra verlegt. Hinter den Tunneln windet sich die 28 einen sehr steilen Abbruch hinunter, um die Ebene Richtung Provinz La Rioja zu erreichen.
Kurz vor den Tunneln steht ein riesiges Restaurant am Straßenrand. Da in dem Teil der Pampa de Pocho fast niemand lebt, überrascht das etwas. Es gibt keine Speisekarte, alle bekommen das selbe Gericht: Ziegenbraten! Kleinere Beilagen werden gereicht, als Vorspeise gibt es Empanadas. Ansonsten wird immer wieder gebratene Ziege nachgelegt. Eine Nachfrage beim Parillero ergab, dass er pro Tag 30-40 Ziegen brät, an Spitzentagen bis zu 80. Da es keinen Ruhetag in diesem traditionellen Familienbetrieb gibt, werden dort also über 10.000 Ziegen pro Jahr gegessen.
Globalisierung und ihre Auswirkungen in der Provinz Cordoba
Schon vor einigen Jahren fielen mir die rostigen und nicht mehr benutzten Getreidesilos nördlich von Cordoba Ciudad (bei Jesús Maria) auf. Das war mal ein Anbaugebiet für Weizen, der dann entweder in Argentinien verarbeitet oder aber auch exportiert wurde. Heute wird in diesem Teil der Pampa Humeda wie auch sonst entlang der Achse BsAs – Rosario – Cordoba fast ausschliesslich Soja für den Export gepflanzt. Das führte dazu, dass das Mehl für die Broterzeugung knapp wird.
Der Anbau und v.a. die Ernte von Soja laufen hoch automatisiert ab. Von Norden nach Süden arbeiten sich Kolonnen von GPS-gesteuerten Mähdreschern vor. Die geerntete Soja wird direkt auf LKW verladen, die die Ernte dann nach Rosario (bis dort ist der Paraná für Seeschiffe befahrbar) oder direkt nach BsAs bringen. Falls trotz der ausgeklügelten Logistik nicht genug Transportkapazität vorhanden ist, werden ca. 20 m lange schwarze Zylinder mit ca 1.50 m Durchmesser mit der Soja prall gefüllt. Die werden dann nach und nach leergesaugt und der Inhalt auf die LKW verladen und abtransportiert: Eine argentinische Erfindung!
Der gesamte Anbau wird von internationalen Konsortien durchgeführt, die lokalen Landbesitzer kassieren die Pacht ohne eigene Tätigkeiten: Das entspricht dem Typus des ‚Sofamelkers‘ in der europäischen Milchwirtschaft! Die Soja wird exportiert, v.a. nach China und Nordamerika, die verdienten Devisen erreichen aber wohl nur zum geringeren Teil das argentinische Hinterland. Durch die Umstellung der Agrarwirtschaft haben sich auch die lokalen Wirtschaftsstrukturen verändert, kleinere Reparaturbetriebe für Landmaschinen sind verschwunden, jetzt werden Luxus-Camionetas für die Verpächter verkauft.
In Traslasierra erfuhr ich von einem weitereren Trend, wie ein Gespräch in Villa Dolores zeigte: Im Nachbarort Villa Sarmiento sinkt der Grundwasserspiegel, weil große Flächen durch Externe aufgekauft und Tiefbrunnen gebohrt wurden. Auf diesen Bewässerungsflächen (tasas) wird nun Alfalfa angebaut und dieses hochwertige Heu wird auf die arabische Halbinsel exportiert. Angeblich dient es dort zur Fütterung für Pferde und Kamele.
Auch der Mais scheint von der Globalisierung betroffen zu sein, die Humita (Maisbrei mit Käse) wird teurer.
Neues vom Geldautomaten (Casher)
Nach den Präsidentenwahlen vom 27.10.2019 wurde die Devisenkontrolle für Argentinier verschärft, pro Monat dürfen nur noch 200 US-Dollar erworben werden. Im Westen der Provinz Cordoba geben die Geldautomaten z.Z. kein Bargeld auf europäische Kreditkarten heraus, was im Rest des Landes passiert, weiss ich noch nicht.
CORONA Update
Meistens bin ich im März in Argentinien gewesen, da säße ich jetzt fest oder wäre Hals über Kopf hinausgeflogen. Wobei das aus der entlegenen Region gar nicht so einfach geworden wäre. in diesem Jahr sollte es eigentlich der Frühling im Oktober sein, die Flüge waren gebucht. Ich glaube aber nicht, dass es in diesem Jahr noch mal etwas mit dem Besuch wird, Argentinien könnte mit dem Corona-Virus (CV) auf eine existenzielle Krise zusteuern und der internationale Tourismus wird ohnehin stark zurückgehen.
Bis vor ein paar Tagen sah es für mich so aus, als ob Argentinien am Südende des Kontintents glimpflich davon kommen würde: Man hatte rechtzeitig die Grenzen geschlossen und so kaum CV-Fälle importiert. Das Kerngebiet war ausgerechnet der menschenleere Chaco, die wenigen Fälle hätte man recht gut isolieren können. Dann reisten aber trotz bereits massiver Verbreitung von CV Tausende von Argentiniern in die Hauptverbreitungsgebiete nach Europa und in die USA. Diese Reisenden werden nun zurückgeholt und z.T. ohne Quarantäne in die Metropole BsAs und ihre Heimatprovinzen verteilt. Man wird sehen, wie sich die Weiterverbreitung von dort aus ergibt.
Corona – 1 Jahr später
Argentinien hatte im Jahr 2020 eine der härtesten und längsten Ausgangssperren weltweit. Ungefähr ein halbes Jahr waren nur die nötigsten Besorgungen erlaubt, die Provinzgrenzen waren für den privaten Verkehr geschlossen. So wurde z.B. die Grenze von Cordoba nach San Luis bei Merlo mit ein paar Lastwagenladungen Erde überkippt, ein Durchkommen war nicht mehr möglich. Innerhalb der Provinz Cordoba wurde der Pass von Altos Cumbres nach Traslasierra (Dep. San Javier-Yacanto) gesperrt und der Zugang nach Villa Dolores durch Polizeikontrollen verboten. Im November wurde dann in Traslasierra vorsichtig geöffnet, es gibt bisher nur wenige Covid19-Fälle.
Da Argentinien weiterhin sehr viel C19-Fälle hat (die Quote liegt für Erkrankte beim doppelten von Deutschland, die Todesfallquote bei ca. 180 % (Daten vom 25.05.2021, Johns-Hopkins-U.)) wurde vor Pfingsten wieder die strikte Ausgangssperre nachts eingführt und die Schulen geschlossen. Mal sehen, wie lange sie dieses Mal dauert. Die Impfungen werden nach meinen Informationen mit Sinopharm durchgeführt, sie laufen nur langsam an.
Hier ein Foto (von A. Heynen) von der winterlichen Sierra de los Comechigones: